Jesus und die schwarzen Schafe

Jesus und die schwarzen Schafe

Jesus und die schwarzen Schafe

Einsatz auf Erden

Schon seit zweitausend Jahren sieht Jesus dem Treiben der Menschen auf der Erde zu. Doch langsam reißt ihm der Geduldsfaden. Mit großem Aufwand hatte er damals seinen Jüngern gelehrt, was sie predigen und verkünden sollen, aber das Personal wird immer schlechter, und mittlerweile laufen ihm die Schäfchen in Scharen davon.

So entschließt er sich, fünf erfahrende Jünger auf die Erde zu schicken, um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Doch Markus, Matthäus, Lukas, Paulus und Judas rauschen von einem Abenteuer ins nächste, denn sie haben durch ihre Arbeit im Himmel keinen blassen Schimmer von der Welt von heute. Jesus’ Sekretärin Tabea kommt schließlich die rettende Idee …

Die Autorin Barbara Herrmann über ihr Buch:

„Es war eine diebische Freude für mich, dem Schöpfer sowie Jesus und den Aposteln, denen wir normalerweise Ehrfurcht und sogar Verehrung zuteilwerden lassen, eine leichte Sprache in den Mund zu legen.

Und damit werden sie von Gelehrten einer längst vergangenen Zeit zu Individuen, die uns in ihrem Verhalten ziemlich bekannt vorkommen. Sie benehmen sich wie du und ich, und sie machen die gleichen Fehler wie wir. Genau das macht sie für uns sympathisch und lässt sie ganz nahe an uns herankommen. Wir können uns mit ihnen identifizieren, wir können sie verstehen und Gefühle für sie und ihr Handeln entwickeln. Wir können mit ihnen lachen oder weinen, sie bedauern, bewundern, und wir können sie auch belächeln. Und dennoch verstecken sich ernst gemeinte Anschauungen hinter den heiteren, gar lustigen und bisweilen auch richtig frechen Geschichten, die uns da in den Himmel und auch in die Hölle führen.“

 

Leseprobe:

Aus Kapitel 1

Darüber, wie es wohl ist im Himmel, und über das ewige Leben überhaupt gibt es viele Erzählungen, Vorstellungen und Fantasien. So lesen wir vom Paradies, vom Thron Gottes, von Jesus zu seiner Rechten, von Engeln, von bunten Wiesen und vielem mehr. In allen Fällen ist es jedenfalls schön und lässt hoffen, nach dem Tod ein schönes Leben zu haben. Aber wissen, richtig wissen tun wir es nicht. Auch ich kann in diesem Buch nur beschreiben, wie ich mir den Himmel vorstelle.

Es sieht tatsächlich so aus, wie man sich das immer erträumt, wenn man an das Leben danach, an das Leben im Himmel denkt. Freundliche, helle Wege, weiße Häuser, die sich an Felswände schmiegen und von Weitem im ewigen Sonnenschein wie funkelnde Edelsteine strahlen. Schmale Gassen schlängeln sich zwischen den Häusern hindurch, und zahlreiche Aufgänge überbrücken den Höhenunterschied zwischen den Felsen. Lässt man den Blick schweifen, dann glitzern die weißen Häuser bis zum Horizont und, wenn man so will, noch weit darüber hinaus. Ein phantastisches Bild bieten sie im Kontrast zu den granitfarbenen Felsen, nur unterbrochen von gelegentlichen grünen Flächen, die sich wie gut gepflegte Wiesen im Sonnenlicht präsentieren. Auf den Klippen wachsen dunkelgrüne Kletterpflanzen mit tiefroten Glockenblumen, die einen süßen, unglaublich betörenden Duft verströmen.

Und über dem allem wölbt sich ein besonders blauer Himmel, genau so, wie wir ihn vom Sommer kennen. Sieht man nach unten, dann wäre da wahrscheinlich das azurblaue Meer – wenn, ja wenn wir nicht zu Gast im Himmel wären. So aber sind es hier weiße Kumuluswolken, die an vielen Stellen den Blick nach unten verwehren.

Die Himmelsbewohner beginnen ihr zweites Leben immer in dem Alter, in dem sie auf der Erde gestorben sind. Alle tragen die gleichen bequemen Sandalen und die gleiche Kleidung: die Männer und Jungen eine lange, wallende Tunika in Taubenblau, die um die Hüfte mit einer weißen Kordel gehalten wird, die Frauen und Mädchen dieselbe Tunika in Weiß mit einer goldenen Kordel um die Hüfte.

Aus Kapitel Matthäus und Co. im Einsatz

Nach all dem, was er mit ansehen musste, trifft Jesus eine Entscheidung. Er ruft seine Jünger zu sich, die schon einmal seine Botschaft verkündet und die Menschen damit begeistert haben.

Und da sitzen sie nun, seine zwölf Apostel, in seinem Büro, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur und starren ihn mit großen Augen an. Lange ist es her, stellt er auf die Schnelle fest, dass er das letzte Mal Notiz von ihnen genommen hat, denn inzwischen leben sie seit vielen hundert Jahren im VIP-Bereich des Himmels und werden von ein paar guten Engeln versorgt. Ihr Leben besteht aus nichts weiter als aus dem Lesen in alten Schriften und aus den Erinnerungen, die sie abwechselnd zum Besten geben.

Als er sie so in ihren Stühlen kleben sieht, kommen ihm leichte bis mittelschwere Bedenken, die alten Männer auf die Menschheit des einundzwanzigsten Jahrhunderts loszulassen. Aber sie sind eben die Erfahrenen und die Gelassenen, diejenigen also, die geduldig an einer Sache arbeiten. Das ist seiner Meinung nach eigentlich die beste Voraussetzung für ein gutes Ergebnis.

»Seid ihr alle fit?«, fragt er lächelnd.
Keiner reagiert spontan.
»Geht es euch gut?«, versucht er es erneut.
Jetzt sehen die Männer einander an.
»Was ist los mit euch? Warum antwortet keiner? Matthäus?«
»Wir fragen uns, was du wohl von uns willst. Du hast uns doch schon längst in die Mottenkiste abgeschoben, und nun schleichst du dich urplötzlich an uns heran. Das kann doch eigentlich nichts Gutes bedeuten, und für dumm verkaufen musst du uns auch nicht! Du weißt, wir haben schon einmal alles für dich liegen und stehen lassen. Und was kam dabei heraus? Sie haben dich gekreuzigt. Und wir? Ach, lassen wir das! Selbst hier oben sind wir nur noch Ruinen. Komm nicht auf die glorreiche Idee, uns Siebenmeilenstiefel anziehen zu wollen. Wir schinden keine Meilen mehr.« Sein roter Kopf zeigt, wie sehr sich Matthäus in Rage geredet hat.

Jesus erschrickt. Bisher hat er keinen Gedanken darauf verschwendet, dass seine Apostel nicht glücklich sind. Er hat immerhin dafür gesorgt, dass alle Alten betreut werden und dass es ihnen gut geht.

»Also, so kann ich das aber nicht sehen, Matthäus«, antwortet er schließlich etwas unsicher. »Eure Schriften und Evangelien sind heute noch die Basis der christlichen Lehre. Eure Namen werden deshalb immer genannt, und alles, was ihr gesagt und gelehrt habt, wird von den Kanzeln dieser Welt gepredigt. Ihr seid hier im Himmel gut aufgehoben und werdet luxuriös versorgt. Was ist denn los, dass ihr nicht zufrieden seid?«

»Tu doch nicht so«, mischt sich nun auch Paulus ein. »Sag, was du sagen willst, damit wir wieder verschwinden können.«

Aus Kapitel Jugend on Tour

Jesus stampft in seinem Büro mit den Füßen auf. »Ich werde langsam, aber sicher verrückt!«, ruft er laut und kippt sein halb gefülltes Weinglas auf einmal hinunter.

»Was ist los, Chef?«, fragt Tabea, die ihn gehört hat.

»Was habe ich nur falsch gemacht, dass gleich der Erste, den ich runterschicke, in die Scheiße fasst?«

»Chef, rede nicht so. Du bist doch Jesus!«

»Ist doch wahr, ich weiß nicht mehr weiter.« Jesus gießt sich wieder das Glas voll.

»Und trinken ist auch keine Lösung.« Tabea geht schnell zum Tisch und nimmt ihm das Glas weg.

»Ich muss runter und Bastian aus der Zelle holen. Ohne Ausweis kommt der nicht weg. Und dabei hat er der Familie noch nicht einmal geholfen und keine seiner Aufgaben gelöst.«

Jesus fliegt los und kommt ziemlich atemlos auf der Erde an. Kurze Zeit später betritt er die Polizeiwache. Es kostet ihn richtig viel Beherrschung, so gelassen und überlegt zu erscheinen, ist er doch in Wirklichkeit wieder einmal in Panik wegen seiner Phobie, auf die Erde hinunterzumüssen. Und dann muss er auch noch diesen Uniformierten gegenübertreten. Außerdem ist er wütend auf Bastian, denn der ist doch völlig verrückt mit dem, was er da verzapft. Jesus könnte platzen wegen so viel Dummheit.

Gott schaut dem Treiben gelassen zu und greift zu seiner Zigarre.

»Das habe ich kommen sehen«, sagt er. »Der Junge ist doch viel zu jung und hat viel zu wenig Erfahrung auf der Erde und auch im Himmel gesammelt.«

Genüsslich lehnt er sich zurück und nimmt einen Schluck aus seinem Glas. »Auf alle Fälle ist das spannender als ein Krimi im Fernsehen.«

 

Print – ISBN 978-3-756844548
E-Book – ISBN  9783756877188 

 

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